WELPENSTUNDE


Kaiko ist knapp 13 Wochen alt -
ein kleines, weißes, muskulöses 'Wölfchen' -
als er zum ersten Mal den Hundespielplatz betritt...
 


Vor dem Tor wächst der Kleine um Zentimeter.
Auf Zehenspitzen, mit stocksteifen Beinen und hocherhobenem Haupt,
die Nackenhaare gesträubt, stolziert Kaiko mit tiefem, Furcht einflößenden Grollen
auf den Platz. 

Schon nach kurzer Zeit sind die letzten Zweifel beseitigt:
Kaiko ist uneingeschränkter Chef des Platzes!
Er dominiert alles, was sich zu schnell bewegt.
Was sich überhaupt bewegt. Was sich kaum bewegt.
Und was regungslos auf dem Rücken verharrt. 
Er bepinkelt die Hosen von Besitzern, deren Welpen zwischen ihren Beinen Schutz suchen. 
Er pinkelt gegen die Sitzbänke, und eine Frau springt kreischend mit nassem Rock auf. 
Er hebt das Bein und markiert rund um den Platz - auch wenn er dabei gelegentlich mal das Gleichgewicht verliert. 
Er scharrt, eifrig und knurrend, dass Grasnaben fliegen. 
Dann erklimmt er die Spitze der Kletterwand, um für den Rest der Stunde die Übersicht zu behalten. 

Nach etwa zwei Stunden stolziert ein kleines, grau-schmutziges Wölfchen vom Platz.
Auf Zehenspitzen, mit stocksteifen Beinen und hocherhobenem Haupt,
die Nackenhaare gesträubt, in der Kehle ein tiefes, Furcht einflößendes Grollen.
Um mindestens 2 Liter Urin ärmer.
Und um einige Feinde reicher. 

Zurück bleiben eingeschüchterte Welpen. Saure Besitzer. Ein staunender Hundetrainer. Und ein hilfloses Frauchen. Die - selbst wenn sie gewusst hätte, was zu tun gewesen wäre -
nichts hätte ausrichten können. 
Denn sie wird von diesem Welpen schlicht ignoriert...
 



Knapp 2 Jahre später.
 
Ein großer, weißer, schlanker 'Wolf' betritt den Hundeauslauf.
Auf Zehenspitzen, mit steifen Beinen und hocherhobenem Haupt,
die Nackenhaare gesträubt, stolziert Kaiko grummelnd auf den Platz.
Markiert und scharrt, dass die Grasbüschel fliegen. 

Rennt auf den ersten Artgenossen zu. Nasenkontakt. Umkreisen. Analkontrolle.
Heftiges Schwanzwedeln: Doch die Hündin hat keine Lust zu Spielen. 
Nächster Hund. Das Schwanzwedeln gefriert plötzlich mitten in der Bewegung.
Der andere Rüde erstarrt und fixiert. Ein Pfiff - und Kaiko dreht ab.
Markiert. Und Markiert.
Schlendert lässig heran. 

Am Ende dreht er - aufgekratzt und ausgelassen, mit einem breiten "Grinsen im Gesicht" -
mit den anderen seine Runden.
Knabbert gemeinsam mit einer Hündin an einem Stock.
Leckt einer alten Hundedame die Lefzen.
Grummelt einen kleinen Rüden an...

Er ist doch wirklich ganz lieb?!, konstatieren andere Hundebesitzer auf Spaziergängen, verwundert über die ständigen Ermahnungen.
Er habe selten einen so sozial verträglichen Akita gesehen, sagt Günther Bloch. -
Kaiko schläft während eines mehrtägigen Seminars friedlich mit fremden Artgenossen auf engem Raum. 
Kaiko ist ein wirklich lieber, braver Hund. Und ein echter Gentleman.
Sagen seine Freunde.
Kaiko hat eine sehr hohe Reizschwelle. Er ist sehr souverän.
Sagen seine (heutigen) Hundetrainer. 
Kaiko ist ein ganz besonderer, ein großartiger Hund. Er hat sich toll entwickelt.
Sagt stolz sein Frauchen. 
Und schimpft sich selbst eine Närrin. Wegen der winzigen Schweißperlen auf ihrer Stirn...